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Die private Krankenversicherung steht 2026 vor einer der größten Beitragsanpassungen der letzten zwei Jahrzehnte.
Für etwa 60 Prozent der Privatversicherten in Deutschland werden die Prämien zum 1. Januar 2026 deutlich ansteigen. Der Durchschnittsbeitrag wird voraussichtlich bei rund 617 Euro monatlich liegen, während gesetzlich Versicherte mit Durchschnittseinkommen bereits knapp 770 Euro pro Monat zahlen müssen. Diese Entwicklung wirft Fragen auf: Warum explodieren die Kosten, und was können Betroffene tun?
Warum steigen die Beiträge der privaten Krankenversicherung 2026 so massiv?
Die Antwort liegt in den deutlich gestiegenen medizinischen Leistungsausgaben, die sich in allen Versorgungsbereichen manifestieren. Der Krankenhaussektor ist dabei der größte Kostentreiber. Die PKV musste 2024 für allgemeine Krankenhausleistungen über 10 Prozent mehr zahlen als im Vorjahr. Besonders dramatisch ist der Anstieg bei den Pflegekosten: Sie stiegen um beeindruckende 17,57 Prozent auf insgesamt 27 Milliarden Euro.
Parallel dazu erhöhten sich die Fallzahlen in Krankenhäusern von 2022 bis 2024 um 10,9 Prozent, was bedeutet, dass mehr Privatversicherte stationär behandelt wurden als je zuvor.
Auch im ambulanten Bereich zeigt sich eine kontinuierliche Kostensteigerung. Die Ausgaben für Arzneimittel kletterten um fast 10 Prozent nach oben, während Heilmittel wie Physiotherapie oder Ergotherapie um etwa 9 Prozent teurer wurden. Bei ambulanten Arztbehandlungen, die einen großen Anteil der Leistungsausgaben ausmachen, verzeichnete die PKV einen Kostenanstieg von über 8 Prozent. Diese Zahlen zeigen ein branchenweites Phänomen, wobei einzelne Versicherer und ihre Tarife durchaus unterschiedliche Entwicklungen aufweisen können.
Mehrere strukturelle Faktoren verstärken die Beitragsdynamik.
Die Gesundheitsinflation liegt derzeit über acht Prozent, während der Rechnungszins von einst 3,5 Prozent auf etwa 2,5 bis 3 Prozent gesunken ist. Hinzu kommen die erheblich gestiegenen Tarifgehälter für medizinisches Personal und die gesetzlich vorgegebenen Personalvorgaben in Krankenhäusern. Das Statistische Bundesamt bestätigt einen kontinuierlichen Anstieg der Beschäftigten im Gesundheitswesen, insbesondere im Pflegedienst.
Doch es gibt auch ein hausgemachtes Problem: Viele Versicherer führen regelmäßig neue Tarife ein, die mit jungen, gesunden Neukunden besetzt werden und anfangs attraktiv wirken. Nach einigen Jahren jedoch steigen die Kosten, das Durchschnittsalter der Versicherten klettert nach oben, und die Beiträge schnellen in die Höhe. Dies führt zu einer künstlichen Verjüngung der Bestände und verhindert einen nachhaltigen Risikoausgleich zwischen Jung und Alt.
Der Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung ist aufschlussreich.
Obwohl der allgemeine GKV-Beitragssatz 2026 laut Bundesregierung stabil bei 14,6 Prozent bleiben soll, werden die Zusatzbeiträge steigen. Nach einer Erhöhung von 1,7 Prozent auf 2,5 Prozent im Jahr 2025 rechnen Experten für 2026 mit einem weiteren Anstieg in Richtung 3,0 Prozent, möglicherweise sogar auf 3,3 Prozent. Für Erwerbstätige an der Beitragsbemessungsgrenze bedeutet dies Gesamtbeiträge von knapp 1.030 Euro monatlich. Die private Krankenversicherung positioniert sich als günstigere Alternative, doch nur unter der Bedingung stabiler Tarife.
Wie können Versicherte mit dieser Situation umgehen?
Experten raten zu strategischem Handeln. Wer derzeit einen Wechsel der privaten Krankenversicherung erwägt, sollte nicht nach dem günstigsten Einstiegspreis suchen, sondern nach Versicherern, die ihre Tarife seit Jahrzehnten kontinuierlich fortführen, statt sie alle paar Jahre neu zu erfinden. Solche etablierten Tarife haben eine finanzielle Substanz aufgebaut, die ältere Versicherte vor extremen Beitragssprüngen schützt. Ein Blick in die Historie der einzelnen Versicherer lohnt sich also deutlich.
Für bereits Versicherte gilt es, die eigene Police regelmäßig zu überprüfen. Manche Versicherer bieten Optionen zur Anpassung von Leistungen an, was zu moderateren Beitragssteigerungen führen kann. Allerdings ist Vorsicht geboten: Ein Wechsel der privaten Krankenversicherung erfordert eine erneute Gesundheitsprüfung, und Versicherte müssen einen Großteil der bereits gebildeten Alterungsrückstellungen selbst neu aufbauen, es sei denn, sie haben sich nach 2009 privat versichert.
Ein weiterer Aspekt betrifft die speziellen Tarife.
Standard- und Basistarife unterliegen ebenfalls Erhöhungen. Der Standardtarif zum Beispiel sah bereits zum 1. Juli 2025 eine Anpassung vor, wobei die durchschnittliche Monatsrate von 400 auf 500 Euro anstieg. Dies betrifft etwa 0,6 Prozent der PKV-Versicherten in der Krankheitskostenvollversicherung, zeigt aber ein allgemeines Phänomen.
Speziell in Bereichen wie Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sind die Ausgaben seit 2019 deutlich gestiegen. Allein 2023 verzeichnete die Psychotherapie einen Anstieg von 13,6 Prozent. Diese Entwicklungen dürften sich auch in kommenden Beitragsanpassungen niederschlagen.
Für die Zukunft ist absehbar, dass die Kosten im Gesundheitswesen weiterhin steigen werden
Getrieben durch neue Behandlungsmethoden, Preissteigerungen und höhere Personalkosten. Eine nachhaltige Lösung erfordert systemische Reformen sowohl in der privaten als auch in der gesetzlichen Krankenversicherung. Bis dahin müssen Versicherte ihre Optionen sorgfältig abwägen und langfristig denken, statt sich von kurzfristig günstigen Angeboten leiten zu lassen.
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