Prekäre Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen
Die gesetzlichen Krankenkassen befinden sich in einer äußerst angespannten finanziellen Lage, mit einem „enormen Defizit“ und drohenden weiteren Beitragssteigerungen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen bereits durchschnittlich 17,5 % des Bruttogehalts als Krankenkassenbeiträge. Dennoch sind die Finanzreserven so gering, dass das Bundesgesundheitsministerium den Gesundheitsfonds mit 800 Mio. € unterstützen musste – weil die gesetzlich vorgeschriebene Mindestreserve unterschritten wurde.
Gesundheitsökonom Jonas Schreyögg spricht von der „prekärsten Lage seit Jahrzehnten“ und prognostiziert für 2025 ein Defizit von 47 Mrd. €, was einem Anstieg des Beitragssatzes um 2,5 Prozentpunkte entsprechen würde.
Ursachen der Ausgabensteigerungen
- Kosten für Arzneimittel stiegen im letzten Jahr um etwa 10 %
- Krankenhauskosten erhöhten sich um rund 8 %
Schreyögg warnt davor, weitere Einnahmen allein als Entlastung zu nutzen, ohne den Reformdruck auf der Ausgabenseite aufrechtzuerhalten.
Vorschläge für strukturelle Reformen
- Medikamentenpreise durch Preisfixierung oder generelle Abschläge senken
- Krankenhausbereich: Einführung eines Globalbudgets, das für bestimmte Behandlungen festgelegt und nach Behandlungszahl aufgeteilt wird
- Notfallversorgung: Reform könnte jährlich rund 5 Mrd. € einsparen, da viele Notaufnahmen unnötige stationäre Aufnahmen verursachen
- Primärarztprinzip: Patienten zunächst zum Hausarzt, der über die Notwendigkeit eines Facharztbesuchs entscheidet – vermeidet Doppeluntersuchungen und senkt Krankenhauseinweisungen um bis zu 9 %
Regierungspläne und weitere Maßnahmen
Die Bundesregierung plant ein Gesamtpaket aus strukturellen Anpassungen und kurzfristigen Maßnahmen zur Entlastung von Versicherten und Unternehmen. Eine Fachkommission soll zusätzliche Maßnahmen prüfen.
- Gesundheitsministerin Warken schlägt vor, die Kosten für die Versorgung von Bürgergeld-Empfängern stärker aus Steuermitteln zu finanzieren, da der Bund laut Kassen bisher jährlich rund 10 Mrd. € zu wenig zahlt.
- Reformen im Gesundheitswesen werden von allen Seiten als dringlich angesehen.
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