Private Krankenversicherung

Die Rettungsanker der PKV: Standardtarif und Basistarif

Die Rettungsanker der PKV: Standardtarif und Basistarif

Wenn die Beiträge der privaten Krankenversicherung im Alter zur Last werden, bieten der Standardtarif und der Basistarif ein gesetzliches Sicherheitsnetz. Doch welcher Tarif ist für wen geeignet? Dieser Artikel analysiert tiefgehend die Gemeinsamkeiten und entscheidenden Unterschiede der beiden Sozialtarife, beleuchtet die strengen Zugangsvoraussetzungen, vergleicht Leistungen sowie Kosten und grenzt sie klar von der GKV ab. Eine unverzichtbare Lektüre für alle, die eine fundierte Entscheidung für ihre Zukunft treffen müssen.

Die private Krankenversicherung (PKV) steht für individuelle Leistungen und eine hochwertige medizinische Versorgung. Doch was passiert, wenn die über die Jahre steigenden Beiträge im Rentenalter zu einer finanziellen Belastung werden, die kaum noch zu stemmen ist? Für viele Privatversicherte ist dies eine zentrale Sorge. Der Gesetzgeber hat für genau diese Situation zwei soziale Auffangnetze geschaffen, die einen lebenslangen Verbleib im PKV-System mit bezahlbaren Beiträgen sicherstellen sollen: den Standardtarif und den Basistarif.

Diese beiden Tarife werden oft in einem Atemzug genannt, sind jedoch grundverschieden in ihren Voraussetzungen, Kosten und teilweise auch in der praktischen Versorgung. Sie als Notlösung abzutun, wird ihrer Bedeutung nicht gerecht. Gleichzeitig ist ein Wechsel in einen dieser Tarife eine weitreichende Entscheidung, die gut überlegt sein will, da sie in der Regel unumkehrbar ist. Dieser Artikel bietet eine umfassende Analyse, erklärt die feinen, aber entscheidenden Unterschiede zwischen Standard- und Basistarif, zeigt auf, für wen welcher Tarif gedacht ist, und grenzt sie klar von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab.

Warum gibt es die Sozialtarife in der PKV überhaupt?

Im Gegensatz zu den regulären Tarifen der privaten Krankenversicherung, die nach dem Äquivalenzprinzip (Beitrag entspricht Risiko) kalkuliert werden, sind der Standard- und der Basistarif gesetzlich regulierte Sozialtarife. Ihr Hauptzweck ist es, auch im Alter oder bei finanzieller Notlage einen umfassenden Krankenversicherungsschutz zu gewährleisten. Niemand soll aus der PKV fallen, nur weil die Beiträge nicht mehr tragbar sind.

Ihre Existenz ist eine direkte Antwort auf eine der größten Schwächen des PKV-Systems: die potenziell unbegrenzte Beitragsentwicklung im Alter. Während in der GKV die Beiträge einkommensabhängig sind und im Rentenalter oft sinken, steigen sie in der PKV tendenziell weiter an. Die Sozialtarife dienen als Korrektiv und Sicherheitsversprechen.

Beide Tarife bieten einen Leistungsumfang, der in Art, Umfang und Höhe im Wesentlichen mit den Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vergleichbar ist. Das bedeutet, man erhält eine solide Grundversorgung, muss aber auf die typischen Komfort- und Premiumleistungen der PKV (z.B. Chefarztbehandlung, Einbettzimmer, teurer Zahnersatz) verzichten. Der entscheidende Vorteil: Der Beitrag für diese Tarife ist nach oben hin auf den Höchstbeitrag der GKV gedeckelt.

Der Standardtarif (ST): Der bewährte Klassiker für Altkunden

Der Standardtarif ist der ältere der beiden Sozialtarife und wurde bereits 1994 eingeführt. Er gilt für viele Experten als die bessere und oft günstigere Option. Allerdings steht er nur einem begrenzten Personenkreis offen.

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Wer kann in den Standardtarif wechseln?

Die Zugangsvoraussetzungen sind streng und an ein Stichtagsprinzip gebunden. Ein Wechsel ist nur für Personen möglich, die ihren Vertrag bei einer privaten Krankenversicherung bereits vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen haben. Zusätzlich muss eine der folgenden Bedingungen erfüllt sein:

  • Man ist mindestens 65 Jahre alt.
  • Man ist mindestens 55 Jahre alt und das Einkommen liegt unter der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG).
  • Man bezieht eine gesetzliche Rente (oder ein Ruhegehalt als Beamter) und war die Jahre davor entsprechend lange privat versichert.

Welche Leistungen bietet der Standardtarif?

Die Leistungen orientieren sich, wie erwähnt, am GKV-Niveau. Das bedeutet, dass alle medizinisch notwendigen Behandlungen abgedeckt sind. Im Detail gibt es jedoch einige Besonderheiten bei der Abrechnung, die in der Praxis relevant sind:

  • Arztwahl: Versicherte im Standardtarif können jeden niedergelassenen Arzt oder Zahnarzt aufsuchen. Es gibt keine Beschränkung auf Kassenärzte.
  • Abrechnungssätze: Der Arzt darf seine Leistungen nur bis zu einem bestimmten Faktor der Gebührenordnung (GOÄ/GOZ) abrechnen. Diese Sätze sind niedriger als in den normalen PKV-Tarifen:
    • Ärztliche Leistungen: bis zum 1,8-fachen Satz der GOÄ
    • Zahnärztliche Leistungen: bis zum 2,0-fachen Satz der GOZ
    • Laborleistungen: bis zum 1,16-fachen Satz der GOÄ

Wichtig: Versicherte müssen den Arzt vor der Behandlung darauf hinweisen, dass sie im Standardtarif versichert sind, damit dieser die reduzierten Sätze anwendet.

Wie hoch ist der Beitrag im Standardtarif?

Der Beitrag darf den durchschnittlichen Höchstbeitrag der GKV nicht übersteigen. Der entscheidende Vorteil des Standardtarifs liegt jedoch in der vollen Anrechnung der über Jahrzehnte angesparten Alterungsrückstellungen. Diese werden genutzt, um den Beitrag massiv zu senken. Für viele langjährig Versicherte führt dies dazu, dass der tatsächliche Beitrag im Standardtarif weit unter dem GKV-Höchstsatz liegt und oft nur wenige hundert Euro beträgt. Risikozuschläge für Vorerkrankungen, die bereits im alten Tarif bestanden, werden allerdings in den Standardtarif übernommen.

Der Basistarif (BT): Das Auffangnetz für alle

Der Basistarif wurde 2009 im Zuge der Gesundheitsreform eingeführt. Er soll sicherstellen, dass jeder Bürger in Deutschland Zugang zu einer Krankenversicherung hat. Er steht einem breiteren Personenkreis offen, gilt aber in der Praxis oft als die teurere und unattraktivere Alternative zum Standardtarif.

Wer kann in den Basistarif wechseln?

In den Basistarif können verschiedene Personengruppen wechseln:

  • Alle PKV-Versicherten, die ihren Vertrag am oder nach dem 1. Januar 2009 abgeschlossen haben und die Alters- oder Einkommensvoraussetzungen erfüllen (mind. 55 Jahre alt oder Rentenbezug).
  • PKV-Versicherte mit einem Altvertrag (vor 2009), die die Voraussetzungen für den Standardtarif nicht erfüllen.
  • Personen ohne Krankenversicherungsschutz, die der PKV zuzuordnen sind (z.B. ehemalige Selbstständige).

Für alle Versicherer besteht eine Aufnahmepflicht in den Basistarif; eine Gesundheitsprüfung findet nicht statt, und Vorerkrankungen dürfen nicht zu Risikozuschlägen oder Ablehnung führen.

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Welche Leistungen bietet der Basistarif?

Auch hier ist das Leistungsniveau mit der GKV vergleichbar. Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied in der Praxis:

  • Arztwahl: Versicherte im Basistarif dürfen nur zu Ärzten und Zahnärzten gehen, die eine Kassenzulassung haben. Die freie Arztwahl ist also eingeschränkt.
  • Abrechnungssätze: Die Abrechnungssätze, die Ärzte anwenden dürfen, sind noch niedriger als im Standardtarif, was die Suche nach einem behandelnden Arzt erschweren kann:
    • Ärztliche Leistungen: bis zum 1,2-fachen Satz der GOÄ
    • Zahnärztliche Leistungen: bis zum 2,0-fachen Satz der GOZ
    • Laborleistungen: bis zum 0,9-fachen Satz der GOÄ

Wie hoch ist der Beitrag im Basistarif?

Der Beitrag ist ebenfalls auf den GKV-Höchstbeitrag gedeckelt. Für Personen mit Hilfebedürftigkeit (z.B. Bezug von Bürgergeld) kann der Beitrag halbiert oder vom Sozialhilfeträger übernommen werden. Der große Nachteil liegt in der Kalkulation: Der Beitrag wird ohne Gesundheitsprüfung berechnet, was bedeutet, dass der Versicherer von einem Kollektiv mit hohem Krankheitsrisiko ausgeht. Die angesparten Alterungsrückstellungen werden zwar angerechnet, verpuffen aber oft in der teuren Grundkalkulation. In der Praxis führt dies dazu, dass der Beitrag im Basistarif für die meisten Versicherten am GKV-Höchstsatz kratzt und damit deutlich teurer ist als der Standardtarif.

Direkter Vergleich: Standardtarif vs. Basistarif

Die folgende Tabelle stellt die wichtigsten Unterschiede übersichtlich dar:

Merkmal Standardtarif (ST) Basistarif (BT)
Zielgruppe Nur für „Altkunden“ (Vertrag vor 2009) Für alle PKV-Versicherten & bestimmte Nichtversicherte
Leistungsniveau Vergleichbar mit GKV Vergleichbar mit GKV
Arztwahl Freie Arztwahl Beschränkt auf Kassenärzte
Abrechnung (Arzt) Bis 1,8-facher GOÄ-Satz Bis 1,2-facher GOÄ-Satz
Beitragskalkulation Individuell mit Risikozuschlägen Einheitlich, ohne Gesundheitsprüfung
Alterungsrückstellungen Werden voll angerechnet, führen zu deutlicher Beitragssenkung Werden angerechnet, aber Effekt oft durch hohe Kalkulation aufgezehrt
Beitragshöhe (Praxis) Oft deutlich günstiger als GKV-Höchstsatz Meist in Höhe des GKV-Höchstsatzes
Krankentagegeld Nicht enthalten, muss separat versichert werden Kann unter bestimmten Bedingungen enthalten sein

Abgrenzung zur GKV: Ein wichtiger Unterschied

Auch wenn die Leistungen der Sozialtarife denen der GKV ähneln, bleiben Versicherte im Standard- oder Basistarif weiterhin Kunden einer privaten Krankenversicherung. Das hat eine wichtige Konsequenz: Der Beitrag richtet sich nicht nach dem Einkommen. Ein Millionär im Ruhestand zahlt denselben Beitrag wie ein Rentner mit geringem Einkommen (abgesehen von der Hilfebedürftigkeit im Basistarif). Das System der Finanzierung bleibt das der PKV, nur die Leistungen und der maximale Beitrag sind an die GKV gekoppelt.

Die Praxis: Was die niedrigen Arzthonorare bedeuten

Ein entscheidender Punkt, der oft übersehen wird, sind die gedeckelten Abrechnungssätze. Besonders im Basistarif (1,2-facher Satz) liegt das Honorar, das ein Arzt für die Behandlung erhält, oft unter dem, was er für einen GKV-Patienten abrechnen kann. Dies kann in der Praxis zu Problemen führen:

  • Schwierige Arztsuche: Einige Ärzte sind möglicherweise nicht bereit, Patienten aus dem Basistarif zu diesen Konditionen zu behandeln, was die Suche nach einem Facharzt erschweren kann.
  • Längere Wartezeiten: Es besteht die Gefahr, bei der Terminvergabe wie ein Kassenpatient zweiter Klasse behandelt zu werden.

Auch wenn eine Behandlungspflicht besteht, kann die Realität im Praxisalltag anders aussehen. Im Standardtarif ist die Situation aufgrund der etwas höheren Sätze (1.8-fach) in der Regel entspannter.

Fallstrick Basistarif: Warum er oft die letzte Wahl sein sollte

Der Basistarif erfüllt eine wichtige soziale Funktion, birgt aber für den einzelnen Versicherten erhebliche Nachteile, die ihn zur letzten Option machen sollten:

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  1. Hohe Kosten: Wie bereits erwähnt, ist der Beitrag trotz Anrechnung der Alterungsrückstellungen meist sehr hoch und liegt am GKV-Höchstbeitrag.
  2. Eingeschränkte Versorgung: Die Bindung an Kassenärzte und die niedrigen Honorarsätze können die Versorgungsqualität in der Praxis einschränken.
  3. Kein Weg zurück: Der Wechsel in den Basistarif ist eine Einbahnstraße. Eine Rückkehr in den ursprünglichen, leistungsstärkeren Tarif ist ausgeschlossen.

Für wen ist ein Wechsel sinnvoll – und wann nicht?

Ein Wechsel in einen der Sozialtarife ist eine endgültige Entscheidung. Eine Rückkehr in den alten, leistungsstarken Tarif ist ausgeschlossen. Daher sollte dieser Schritt wohlüberlegt sein.

Ein Wechsel kann sinnvoll sein, wenn:

  • Die Beiträge im normalen PKV-Tarif im Alter nachweislich nicht mehr tragbar sind.
  • Sie bereit sind, dauerhaft auf die Komfortleistungen der PKV zu verzichten.
  • Sie die strengen Zugangsvoraussetzungen für den (bevorzugten) Standardtarif erfüllen.

Bevor Sie wechseln, sollten Sie immer zuerst andere Optionen prüfen:

  • Interner Tarifwechsel nach § 204 VVG: Oft lässt sich durch einen Wechsel in einen neueren Tarif beim selben Versicherer mit ähnlichen Leistungen bereits eine erhebliche Beitragsersparnis erzielen, ohne auf das hohe Leistungsniveau verzichten zu müssen.
  • Anpassung des Selbstbehalts: Eine Erhöhung der jährlichen Selbstbeteiligung kann den monatlichen Beitrag ebenfalls deutlich senken.

Der Notlagentarif: Die allerletzte Stufe

Neben Standard- und Basistarif gibt es noch den Notlagentarif. Hier landen Versicherte, die ihre Beiträge über einen längeren Zeitraum nicht bezahlen können. Der Schutz ist auf die Behandlung von akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen beschränkt. Der Notlagentarif ist keine wählbare Option, sondern eine Zwangsmaßnahme bei Zahlungsverzug und bietet nur eine absolute Minimalversorgung.

Zusammenfassung

  • Zwei Welten: Der Standardtarif ist der günstigere und leistungsfreundlichere Sozialtarif für langjährig Versicherte mit Verträgen vor 2009, während der Basistarif als teureres, aber für alle offenes Auffangnetz dient.
  • Leistung vs. Kosten: Beide Tarife bieten einen Schutz auf GKV-Niveau, unterscheiden sich aber erheblich bei der Arztwahl, den Abrechnungssätzen und vor allem bei der tatsächlichen Beitragshöhe nach Anrechnung der Alterungsrückstellungen.
  • Keine leichtfertige Entscheidung: Ein Wechsel in einen Sozialtarif ist unumkehrbar und sollte die letzte Option sein, nachdem alle Möglichkeiten eines internen Tarifwechsels innerhalb der privaten Krankenversicherung ausgeschöpft wurden.

Lassen Sie sich von einem erfahrenem Experten für die Private Krankenversicherung beraten, bevor Sie den Schritt in den Standard- bzw. Basistarif gehen. Unter Umständen können bereits mit einer Tarifumstellung innerhalb Ihrer PKV beträchtliche Einsparungen erzielt werden.


Quellen

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Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Beratung.

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